Im Rahmen der Kampagne „Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?“ laden wir gemeinsam mit dem Mal Seh’n Kino Frankfurt (Adlerflychtstraße 6) vom 4. November bis 2. Dezember 2015 zur Filmreihe „Wem gehört die Stadt“.
Frankfurt und die Rhein-Main-Region erleben seit einigen Jahren einen wahren Immobilienboom. Die Folgen sind bekannt: Die Mieten steigen und Bewohner_innen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen werden verdrängt, während laufend mehr Luxuswohnungen und Appartementkomplexe entstehen. Gleichzeitig unternimmt die Stadtpolitik wenig, um gegenzusteuern – im Gegenteil, die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft ABG-Holding arbeitet selbst profitorientiert und beteiligt sich an der Verknappung von günstigem Wohnraum.
Vor diesem Hintergrund zeigt die Filmreihe „Wem gehört die Stadt?“ vier Dokumentarfilme, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit aktuellen Entwicklungen in deutschen Städten beschäftigen. Thematisiert werden Neubauprojekte, Investorenpläne oder die Verdrängung von Mieter_innen ebenso wie kreativer Protest, hartnäckiger Widerstand und Stadtplanung „von unten“. Im Anschluss an die Filmvorführung besteht die Möglichkeit mit anwesenden Filmemacher_innen sowie Betroffenen, Aktivist_innen und Wissenschaftler_innen aus Frankfurt und der Region zu diskutieren.
Terminübersicht
Mittwoch, 4.11.2015, 19Uhr: „buy buy st. pauli – über die kämpfe um die esso-häuser“
Mittwoch, 18.11.2015, 18Uhr: „Frau Lenke wohnt hier nicht mehr – Mietervertreibung im Frankfurter Westend”
Mittwoch, 25.11.2015, 17.30 Uhr: „Boomtown St. Georg – Ein Stadtteil wehrt sich“
Mittwoch, 2.12.2015, 19Uhr: „Verdrängung hat viele Gesichter“
Eintrittspreis: € 7 (mit Gildepaß € 6), Reservierung unter +49 69 59 70 845
Die Filme
Mittwoch, 4.11.2015, 19Uhr
„buy buy st. pauli – über die kämpfe um die esso-häuser“
Ein Film von Irene Bude, Olaf Sobczak und Steffen Jörg, D 2014, 86 min.
Anschließend Filmgespräch mit den Filmemacher_innen und Aktivist_innen der Kampagne „Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?“
„einfach dokumentieren, was hier tagtäglich passiert und denen, die hier wohnen, eine stimme geben“ Mit diesem Ziel trat das Filmteam – bestehend aus Irene Bude, Olaf Sobczak und Steffen Jörg – im Jahr 2009 an, um in seinem ersten Film „Empire St. Pauli – Von Perlenketten und Platzverweisen“ den Wandel des berühmten Rotlichtviertels zu dokumentieren.
Den stadtpolitischen Auseinandersetzungen und Debatten sind die Filmemacher_innen seitdem dicht auf den Fersen geblieben: In ihrer Langzeitdokumentation „buy buy st. pauli“ begleiten sie den Kampf der Bewohner_innen der Esso-Häuser und ihrer Unterstützer_innen. Sie haben zahlreiche Demonstrationen gefilmt, waren bei subversiven Aktionen und Brushmobs dabei, haben Stadtteilversammlungen dokumentiert und Einblicke in liebevoll eingerichtete Wohnzimmer eingefangen – bis zum Packen der Umzugskartons. Dabei will der Film wichtige Fragen stellen: War der Abriss wirklich unvermeidbar? Soll Kaputtbesitzen mit maßgeschneiderten Bebauungsplänen belohnt werden? Zu Wort kommen nicht nur Aktivist_innen der Initiative Esso-Häuser sowie Bewohner_innen, Nachbar_innen und Gewerbetreibende, sondern auch die Politik, Investoren und eine Stararchitektin.
Mittwoch, 18.11.2015, 18Uhr
„Frau Lenke wohnt hier nicht mehr – Mietervertreibung im Frankfurter Westend”
Ein Film von Edith Marcello, Michael Stadnik und Martin Brüggemann, D 2014, 45 min.
Anschließend Filmgespräch mit den Filmemacher_innen und Vertreter_innen von Frankfurter Mieterinitiativen
„Ich bin der neue Besitzer, ich schmeiß euch alle raus.“ Die Doku zeigt, wie das Renditebestreben mancher Investoren im Frankfurter Stadtteil Westend angestammte Mieter vertreibt. Mobbing, Überbelegung und Ungeziefer; dies sind nur einige Methoden, um Mieter aus ihren Wohnungen zu ekeln. Schockierend und eindrücklich schildern Betroffene in diesem Film ihre Erlebnisse.
Darüber hinaus zeigen Zeitzeugenberichte, dass sich die Methoden der Mietervertreibung seit den 68er Jahren nicht geändert haben. Eindrückliches historisches Film- und Fotomaterial von Alexander Kluge und der Star-Fotografin Barbara Klemm zeigen auf beeindruckende Art und Weise wie Frankfurt in den 70er Jahren mit Abrissbirnen gegen Gründerzeitbauten und mit Wasserwerfern gegen Hausbesetzer vorging.
Mittwoch, 25.11.2015, 17.30 Uhr
„Boomtown St. Georg – Ein Stadtteil wehrt sich“
Ein Film von Ulrich Gehner und Manfred Götz, D 2015, 87 min
Anschließend Filmgespräch mit den Filmemachern und Jenny Künkel (AK Kritische Geographie, Universität Frankfurt)
„Boomtown St.Georg – Ein Stadtteil wehrt sich“ ist ein Dokumentarfilm über die jüngere Entwicklung der Städte, besonders der Innenstädte, erzählt am Beispiel des Hamburger Bahnhofviertels St.Georg. Bis vor gut einem Jahrzehnt galt es noch als Schmuddelviertel, das von Rotlicht und Kriminalität dominiert wurde. Dann wurde es von wohlhabenderen Teilen der Bevölkerung entdeckt, die ihre Häuser im Grünen gegen eine schicke Stadtwohnung einzutauschen begannen. Heruntergekommene Mietshäuser im Zentrum wurden hochklassig saniert, in Eigentumswohnungen aufgeteilt und teuer verkauft. Der Film zeigt die Auswirkungen dieser „Gentrifizierung“ auf das Zusammenleben im Quartier. Angestammte Mieter und Gewerbetreibende, Prostituierte und Aktivisten des Netzwerks „Recht auf Stadt“ berichten von ihren Erfahrungen und Problemen mit der Aufwertung des Stadtteils; Investoren und Stadtplaner erklären ihre Arbeit und ihre Vorstellungen von einer lebens- und liebenswerten Stadt.
Der Film fragt: gehört die Stadt den Menschen die das Leben in ihr gestalten oder den Eigentümern, die die Grundstücke und Häuser besitzen? Kann die Jagd nach Rendite als Rechtfertigung dafür dienen, die jetzigen Bewohnerinnen und Bewohner aus den Innenstädten zu vertreiben? Was tut eigentlich die Politik angesichts dieser Entwicklung?
Mittwoch, 2.12.2015, 19Uhr
„Verdrängung hat viele Gesichter“
Ein Film des Filmkollektivs „Schwarzer Hahn“, D 2014, 94 min
Anschließend Filmgespräch mit den Filmemacher_innen und Sebastian Schipper (AK Kritische Geographie, Universität Frankfurt)
Berlin. Ein kleiner Kiez zwischen Ost und West. Verwilderte Brachen am ehemaligen Mauerstreifen. Motorsägen und Baukräne. Neubauten, Eigentumswohnungen und steigende Mieten. Versteckte Armut, AltmieterInnen, zugezogene Mittelschicht, Architekten, Baugruppen. Auf engstem Raum wird ein Kampf ausgetragen. Von Gesicht zu Gesicht. Direkt. Ohne Blatt vor dem Mund. Ängste artikulieren sich. Auf allen Seiten. Wut verschafft sich Ausdruck. Ein Kampf um Millimeter. Um den Kiez. Um Würde. Und um das eigene Leben.
Außerhalb der Filmreihe, aber ebenfalls mit direktem Bezug zum Themenfeld „Stadtentwicklung“ empfehlen wir außerdem:
Sonntag, 29.11.2015, 14.00 Uhr
Hasret – Sehnsucht
Ein Film von Ben Hopkins, TRK / D 2014, 82 Min.
Ungewöhnliches Stadtporträt über Istanbul und seine sich zwischen Zerstörung und Wiederaufbau befindlichen Viertel.
Die Filmreihe wird gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen und dem AStA der Universität Frankfurt.