Am 23. Juni hat der Magistrat der Stadt Frankfurt eine Novellierung im Bereich der städtischen Wohnungsbauförderung beschlossen. Das sogenannte Mittelstandsprogramm (2. Förderweg) soll sich, sofern das Stadtparlament zustimmt, künftig nicht mehr primär an Familien sowie Seniorinnen und Senioren richten, sondern auch an Alleinstehende und an Paare ohne Kinder. Damit werde der Kreis der Förderberechtigten deutlich ausgeweitet und das Programm dem angespannten Wohnungsmarkt entsprechend angepasst. Desweitern plant der Magistrat, Investitionen privater Träger in den geförderten Wohnungsbau attraktiver zu machen. Hierfür werden nicht mehr nur günstige Kredite in Aussicht gestellt, sondern zusätzlich ein Zuschuss von 500 Euro pro Quadratmeter realisierter Wohnfläche gewährt.
Grundsätzlich begrüßen wir die Einsicht des Magistrates, dass etwas geschehen muss, um Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen auf dem Wohnungsmarkt zu entlasten. Die nun angestrebte Umsetzung könnte aber falscher nicht sein. Zwei Aspekte sind besonders problematisch:
Erstens: Erneut wird der erste Förderweg eklatant vernachlässigt und damit eine Politik der sozialen Spaltung und Verdrängung vorangetrieben. Wir erinnern daran, dass das Stadtplanungsamt selbst davon spricht, dass 49% der Frankfurter Mieterhaushalte ein Anrecht auf eine Mietwohnung im ersten Förderweg haben. Für die Hälfte der Mieterinnen und Mieter der Stadt dürfte die Miete demnach lediglich zwischen 5,00 und 6,50 pro Quadratmeter liegen (Bsp.: 90qm-Wohnung: 450 Euro Nettokaltmiete). Die als Erfolg verkauften 8,50 bis 10,50 im Mittelstandsprogramm (Bsp.: 90qm-Wohnung: 765 Euro Nettokaltmiete) sind für viele in Frankfurt lebende Menschen immer noch viel zu teuer. Was Frankfurt und die Region brauchen ist eine massive Ausweitung des Wohnungsbaus im ersten Förderweg. Mittlerweile stehen 9.700 Haushalte (2016) beim Amt für Wohnungswesen auf der Warteliste, während 2015 nur 194 und 2016 lediglich 50 neue Sozialwohnungen im ersten Förderweg entstanden sind. Bis 2030 werden zudem laut Angaben des Magistrats 6.283 Sozialwohnungen auf Grund von auslaufenden Bindungen verloren gehen. Die Untätigkeit in diesem Bereich muss als politisch gewollte Gentrifizierung und Ausgrenzung betrachtet werden. Wir beobachten eine Politik der Bekämpfung der Armen anstelle der Bekämpfung von Armut.
Zweitens: Die deutliche Ausweitung der finanziellen Anreize für Investoren geht in die völlig falsche Richtung. Schon die normale Subventionsmechanik ist widersinnig und nicht nachhaltig: Öffentliches Geld wird in Form von günstigen Darlehen an Investoren vergeben, damit diese zeitweise vergünstigten Wohnraum bauen. Laufen die Bindungen nach 15 bis 20 Jahren aus, fallen die öffentlich subventionierten Wohnungen dem freien Markt zu und die Mieten steigen. Die mit Steuergeldern errichteten Wohnungen dienen dann alleine den Profitinteressen. Diese Logik wird mit der nun angestrebten Bezuschussung von 500 Euro pro Quadratmeter realisierter Wohnfläche endgültig ad absurdum geführt. Öffentliche Gelder werden nicht mehr nur verliehen, sondern unwiederbringlich in Renditen privater Bauträger versenkt. Das heißt, die öffentliche Hand bezahlt direkt geschätzte 20% der Baukosten, dafür dass nach verhältnismäßig kurzer Zeit die Preisbindung erlischt. Dieses Modell ist nichts anderes als eine krasse Subvention privater Profitinteressen und hat mit sozialem Wohnungsbau herzlich wenig zu tun. Kein anderes europäisches Land praktiziert einen solchen Irrsinn. Sinnvoller und sozial gerechter wäre es, öffentliches Geld in die stadteigene ABG mit dem klaren Auftrag, dauerhaft gebundene Sozialwohnungen zu errichten, zu investieren, Genossenschaften zu unterstützen und einen nicht gewinnorientierten öffentlichen Wohnungssektor zu schaffen.
Wir fordern:
- Eine deutliche Stärkung des sozialen Wohnungsbaus im ersten Förderweg. Die halbe Stadt hat Anrecht auf diese Form der Förderung
- Eine Quote von 50% gefördertem Wohnraum in jedem neu bewilligten Bauprojekt. Angesichts des Mangels an gefördertem Wohnraum reichen 30% nicht aus.
- Keine zeitliche Begrenzung der Bindung im sozialen Wohnungsbau; für einen dauerhaften Erhalt von Sozialwohnungen.
- Kein Verkauf städtischer Grundstücke; auch nicht von stadtnahen Eigentümerinnen wie Stiftungen oder Holdings
- Die ABG Holding soll ausschließlich geförderten Mietwohnungsbau errichten
Hier geht es zum ausführlichen Forderungskatalog.