[Die folgende Erklärung wurde uns per Mail zugespielt, wir veröffentlichen sie gerne – Super Aktion!“]
Am heutigen Montag, 14. Mai 2018, haben einige wilde Tiere – Gepard, Giraffe, Hai, Löwe, Schimpanse und Tiger – den Firmensitz der »Leyendecker Gruppe« an der Konstablerwache (Kurt-Schumacher-Straße 30-32) besucht, um mit Spruchbändern auf die üble Geschäftspraxis des Unternehmens aufmerksam zu machen.
Anlass für den unangemeldeten Besuch war ein Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 11. Mai 2018. Darin wurde berichtet, dass die rund 500 Mieter*innen der Zoopassage im Frankfurter Ostend akut von Verdrängung bedroht sind. Nachdem in dem Gebäudekomplex über Jahre notwendige Reparaturen verschleppt wurden, sollen die Mieten mit dem Auslaufen der Sozialbindungen Anfang 2019 um die maximal zulässigen 15 Prozent steigen – und dann erneut alle drei Jahre. Außerdem wurde den Mieter*innen angekündigt, dass ab 2020 Sanierungsmaßnahmen anstehen, die neben massiven Bauarbeiten weitere Mieterhöhungen bedeuten würden. Im Ergebnis würde sich die Mehrheit der bisherigen Mieter*innen ihre Wohnungen in der Zoopassage nicht mehr leisten können. Die Folge wäre die Verdrängung der Bewohner*innen an den Rand der Stadt oder darüber hinaus – ihr Recht auf Stadt wäre Geschichte.
In dem FR-Artikel bezeichnet der Eigentümer der Zoopassage die Vorwürfe der Mieter*innen als »an den Haaren herbeigezogen«. Komisch nur, dass er gleichzeitig »namentlich nicht genannt werden möchte«. Ein solch ausgeprägter Wunsch nach Anonymität macht neugierig. Dazu die Giraffe: »Laut seiner Selbstdarstellung im Artikel kümmert sich der Eigentümer rührend um seine Mieter*innen in der Zoopassage, alles läuft bestens. Ich war deshalb ganz verdutzt, dass er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte – hätte er sich mal sein verdientes Lob abholen können, als Vermieter des Jahres!« Als wilde Tiere haben wir den Artikel deshalb zum Anlass genommen, ein wenig zu recherchieren. Und siehe da, ich glaub mein Schwein pfeift: Hinter dem anonymen Wohltäter steckt überraschenderweise ein privates Investment-Unternehmen mit typisch kapitalistischem Profitinteresse: Die »Leyendecker Gruppe«, ein von Simon Leyendecker geführtes Firmenkonglomerat, das aus nicht weniger als 34 (!) Einzelunternehmen und Beteiligungsgesellschaften besteht. Dazu der Schimpanse: »Ich gelte im Tierreich ja als halbwegs helle, aber mich würde das ehrlich überfordern. Wozu denn der ganze Aufwand, wenn man eigentlich nur ehrliches Unternehmertum betreiben möchte?«
Womit also verdient die Leyendecker Gruppe ihr Geld? Neben »klassischen Unternehmensfinanzierungen« und »Industriebeteiligungen« sind es laut Homepage vor allem »Investitionen in entwicklungsfähige Immobilien und Grundstücke«, die das Investorenherz von Simon Leyendecker höher springen lassen. Um die angestrebte »nachhaltige Wertsteigerung« zu erzielen, setzt das Unternehmen auf Immobilieninvestitionen in »Top-Lagen«. Ziel es ist demnach, »Immobilien mit einer attraktiven Bewertung zu kaufen, langfristig zu entwickeln und ebenso langfristig im Bestand zu halten.« Mit dieser Ausrichtung hat die Leyendecker Gruppe in den letzten Jahren Wohnungen und Gewerbeflächen unter anderem in Frankfurt, Offenbach, Düsseldorf und Leipzig erworben und versucht nun, diese möglichst profitabel zu bewirtschaften.
Dass diese Investmentstrategie auch in der Zoopassage – sowie in weiteren «entwicklungsfähigen Bestandsimmobilien», die das Unternehmen laut Homepage entlang der Zeil gekauft hat – zur Anwendung kommt, hat Simon Leyendecker noch 2016 in der Frankfurter Neuen Presse (09.02.2016) ganz offen ausgesprochen. Demnach müsse das Engagement seines Unternehmens »im Kontext der Gesamtentwicklung des Ostends» gesehen werden, biete die Zoopassage »an der Schnittstelle zwischen Innenstadt und Ostend« doch ein »enormes Potenzial«. Wie die Geschäftspraxis der Leyendecker Gruppe seit dem Kauf der Zoopassage im Jahr 2013 zeigt, verbirgt sich hinter diesen blumigen Worten nichts anderes als die Hoffnung auf hohe Profite – durchgesetzt mit der üblichen Strategie von Aufwertung, Entmietung und Verdrängung. Nachdem in der Zoopassage zunächst der Bestand der Gewerbe- und Einzelhandelsflächen »modernisiert« und dabei 2014 bereits der »Jugend- und Kulturverein« verdrängt wurde, sind jetzt offensichtlich die Mieter*innen an der Reihe. Dazu der Hai: »Ich kenne diese Masche, sind ja schließlich meine ungeliebten Verwandten, diese Immobilienhaie. Erst Aufkaufen, dann warme Worte, ein bisschen Umbauen, Miete hoch und zack-zack, raus mit den
Leuten. Zum Kotzen ist das. Aber eines mögen sie gar nicht, meine Verwandten: Widerstand der Mieter*innen, Öffentlichkeit und schlechte Presse, da ziehen sie schon mal die Flossen ein, wenn ihnen das zu viel wird.«
Wie dem FR-Artikel zu entnehmen ist, lassen sich die Mieter*innen der Zoopassage vom Immobilienhai Leyendecker Gruppe nicht ohne Weiteres in die Flucht schlagen. Gut so! Und weil das gemeinsame Kämpfen ansteckend wirkt, haben auch wir wilden Tiere beschlossen, unsere Unterschiedlichkeit hinter uns zu lassen und uns nicht länger gegenseitig aufzufressen. Uns eint der Hunger nach bezahlbarem Wohnraum und einem guten Leben für Alle – für die Mieter*innen in der Zoopassage, im Brentano-Hochhaus in Rödelheim und überall sonst, wo die Stadt zur Beute von Investoren zu werden droht. Damit diese ihr schmutziges Geschäft nicht länger unerkannt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit machen können, haben wir heute den Firmensitz der Leyendecker Gruppe besucht. Mal gucken, wo wir morgen aufschlagen.
Ihr seht weiße Mäuse, wenn ihr nicht mit Widerstand rechnet! Wilde Tiere sind geduldig, flink und schlau – und haben manchmal Hunger.
Zoopassage bleibt!
AG Wilde Tiere, 14. Mai 2018