FAQ: Sind Mieten wirklich unpolitisch liebe ABG? Eine Einschätzung zu den aktuellen Ankündigungen des Unternehmens

Wie die Frankfurter Rundschau(1) und das Journal Frankfurt (2) am 24. Juli 2015 berichten, plant die ABG zukünftig ihren Mietanstieg leicht zu bremsen. Konkret kündigt das städtische Unternehmen an, den Mietzuschlag für zentrale Lage zu halbieren (von 0,99€ auf 0,49€; wovon 12.000 Haushalte profitieren würden) sowie auf fünf Prozent der Miete zu verzichten, die nach dem Mietspiegel 2014 um zehn Prozent und mehr gestiegen sind.

Sicherlich entspringt dieser plötzliche Sinneswandel nicht dem sozialen Gewissen der ABG und der in ihrem Aufsichtsrat vertretenen politischen Entscheidungsträger/innen. Vielmehr zeigen nun endlich die Proteste von Mieterinitiativen, Stadtteilgruppen, Gewerkschaften und der Kampagne „Eine Stadt für Alle! Wem gehört die ABG?“ Wirkung. Vor dem Hintergrund der im März 2016 anstehenden Kommunalwahlen ist es offenbar gelungen, den politischen Druck auf ABG und Stadt so sehr zu erhöhen, so dass selbige nun zu ersten Zugeständnissen gezwungen sind.

Materiell sind diese Zugeständnisse jedoch kaum der Rede wert. Um von einer grundlegenden Umkehr der städtischen Wohnungspolitik sprechen zu können, reicht die nun angekündete leichte Minderung des Mietanstieges für bestimmte ABG-Wohnungen nichts aus. Zu einer Entspannung des Wohnungsmarktes wird dies kaum beitragen. Denn dauerhaft gesichert wird dadurch kein bezahlbarer Wohnraum, da der Anstieg lediglich etwas gebremst, aber keineswegs gestoppt wird. Auch wenn so manche/r Mieter/in von einer geringeren Mietsteigerung profitieren dürfte, unterscheidet sich die städtische ABG auch weiterhin kaum von privaten, renditeorientierten Konzernen. (3)

 

Jetzt endlich bestätigt: Miethöhe in ABG-Wohnungen ist politisch bestimmt

Viel ausschlaggebender ist jedoch der symbolische Charakter der Ankündigung. Denn eingestehen mussten ABG und stadtpolitische Entscheidungsträger/innen, dass die Miethöhe in ABG-Wohnungen sehr wohl eine politische Frage und damit verhandelbar ist. Offenkundig wird nun, dass die Miethöhe und die Art und Weise, wie die ABG ihre Wohnungen bewirtschaftet, nicht durch vermeintliche Sachzwänge bestimmt werden – wie bislang immer behauptet wurde. Daher sind die Ankündigungen als implizites Eingeständnis zu interpretieren, dass es letztlich eine Frage des politischen Willens ist, ob Menschen mit niedrigen Einkommen in der Stadt bzw. bei der ABG bezahlbaren Wohnraum finden.

Das Bündnis „Eine Stadt für Alle!“ fordert daher schon lange einen unbegrenzten Mietenstopp. Diesbezüglich belegt das von dem Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU) und dem Stadtplanungsdezernenten Olaf Cunitz (Grüne) nun vorgelegte Zahlenmaterial erfreulicherweise, dass ein allgemeiner und unbegrenzter Mietenstopp in allen ABG-Wohnungen schon jetzt möglich ist. Vertraut man den offiziellen Zahlen, bräuchte „die ABG rund 60 Millionen Euro jährlich an Gewinnen“ (Becker), um weiterhin wie bislang investieren zu können. Da die ABG jährlich Gewinne von 65 Millionen Euro und mehr (4) erzielt und ein Mietenstopp laut Aussage von Olaf Cunitz die ABG rund 3 Millionen Euro jährlich kosten würde, wäre das Einfrieren der Mieten sogar möglich, ohne das Investitionsvolumen der ABG zu tangieren.

Bemerkenswert an den jetzt öffentlich bekannt gemachten Zugeständnissen beim Mietanstieg ist daher nicht primär die leichte Verringerung des Mietanstiegs als solchem. Viel entscheidender ist, dass die Geschäftsführung der ABG und die schwarz-grüne Stadtregierung erstens indirekt eingestanden haben, dass die Miethöhe eine politische Frage ist; und das zweitens ein unbefristeter und bedingungsloser Mietenstopp in allen ABG-Wohnungen ohne weiteres möglich wäre.

Für uns und die vielen anderen Gruppen, die sich mit der desolaten Wohnungspolitik der Stadt auseinandersetzen, bedeutet dies, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber der Druck auf die Stadtregierung weiter erhöht werden muss. Denn ein unbefristeter Mietenstopp und darüber hinaus die Demokratisierung der Entscheidungsstrukturen der ABG ist möglich – dies zeigen die ersten Erfolge.

 

1 – http://www.fr-online.de/frankfurt/mieterhoehungen–abg-abg-kommt-mietern-entgegen,1472798,31300106.html

2 – http://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Kultur-9/Lagenzuschlag-halbiert-ABG-bremst-ihren-Mietanstieg-25004.html

3 – Gerade zu höhnisch wirkt es zudem, wenn Frank Junker zur Begründung der Halbierung der Lagezuschläge für die Innenstadt gegenüber der FR betont, dass es nicht nachzuvollziehen sei, warum gerade die Wohnungen in den zentralen Lagen, wo die ABG viele Wohnungen aus den 50er Jahren unterhalte, besonders teuer sein sollten. Denn 2012 hatte die ABG ihre Mieterhöhungen gerade mit der Einführung der Lagezuschläge gerechtfertigt.

4 – Gemäß Angabge der ABG liegt für das Geschäftsjahr 2014 ein Rekordgewinn von 68,2 Millionen Euro vor.

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